Berlin TXL betreibt urbane Datenplattform mit Managed Kubernetes
Wo bis 2020 noch alle paar Minuten ein Flugzeug in den Himmel donnerte, rattern und stampfen jetzt Baumaschinen: Auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Tegel entsteht das neue „Schumacher-Quartier“ mit Wohnraum für bis zu 10.000 Menschen, dazu der Forschungs- und Industriepark „Urban Tech Republic (UTR)“ – sowie ein Kompetenzzentrum für urbane Daten, der FUTR HUB. Hierfür hat die mit der Entwicklung betraute Tegel Projekt GmbH eine Cloud-Native-Infrastruktur mit Managed Kubernetes errichtet.
Eine gute Stadtplanung, die Lebensqualität verbessern, Ressourcen nachhaltiger nutzen und Innovationen fördern – das sind die Hauptziele der geplanten „Smart City“. Berlin TXL, abgeleitet aus dem Kürzel des alten Flughafens, will in dieser Disziplin zum Champion werden, und der FUTR HUB soll die technische Infrastruktur dafür bereitstellen. Kern ist eine Datenplattform, die Informationen aus allen Bereichen des urbanen Lebens sammelt, auswertet und bereitstellt – beispielsweise Sensordaten, Geodaten, Gebäudeinformationen als CityGML sowie Building Information Modelling (BIM)-Daten.
Von dieser Infrastruktur soll die Tegel Projekt GmbH als Entwicklungsgesellschaft, die Verwaltung und zukünftig auch die ansiedelnden Unternehmen sowie die Bewohner*innen profitieren: durch intelligentes Regenwasser-Management, durch einen Datenmarktplatz oder Mehrwertdienste, die darüber bereitgestellte Daten nutzen. Auch die im alten Flughafengebäude untergebrachten Bereiche der Berliner Hochschule für Technik, das geplante Innovations- und Gründungszentrum sowie viele andere kommunale Projekte in Berlin und im ganzen Bundesgebiet sollen davon profitieren können. Wie der verantwortliche Product Owner Christoph Wagner erläutert, ist der Code
der Plattform im Sinne von „Public Money, Public Code“ unter Open-Source-Lizenz gestellt und kann damit von anderen Innovationsprojekten und Kommunen implementiert und genutzt werden.
Cloud-Native und ohne Lock-in
Aufträge und Investitionen im öffentlichen Bereich müssen anderen Anforderungen genügen als in der privaten Wirtschaft. Beispielsweise beim Ausschreibungsprozess, der bestimmte formale Kriterien erfüllen muss. Auch die Auswahlkriterien sind speziell. Dazu zählen – neben einem wirtschaftlich sinnvollen Betrieb – die Verwendung zukunftsfähiger Technologien, die Modularität der Systeme und Applikationen sowie die Unabhängigkeit von einzelnen Anbietern (Stichwort Vendor Lock-In). Hinzu kommt die Notwendigkeit zur Einhaltung nationaler und europäischer Privacy-Bestimmungen (Stichwort DSVGO) sowie die Möglichkeit, Lizenzen und Lösungen an andere Kommunen und Behörden weiterzugeben. Open-Source-Produkte und „Copyleft“-Lizenzen haben deshalb gute Karten.
Nach dieser Maßgabe schrieb die mit der Steuerung des Gesamtprojekts beauftragte öffentlich-rechtliche Tegel Projekt GmbH Ende 2021 die Bereitstellung und den Support einer gemanagten Kubernetes-Umgebung aus. Kubernetes ist eine – oder inzwischen vielmehr „die“ – Open-Source-Technik für die Orchestrierung von Microservices (kleine, funktional begrenzte Anwendungsmodule). Sie ist nahezu unverzichtbar für modular aufgebaute („containerisierte“) Anwendungssysteme. Mit ihr lassen sich Microservices dynamisch in Containern, Nodes oder Clustern bündeln. Kubernetes – oder K8s – wurde von Anfang an für den Betrieb in der Cloud entwickelt. Im Fachjargon: Es ist „Cloud-Native“. So lässt sich die Software in unterschiedlichen Cloud-Umgebungen nutzen und bindet die Anwender nicht an einen bestimmten Provider. Aus diesen Gründen ist Kubernetes auch als Grundlage der FUTR-HUB-Infrastruktur vorgesehen. Zu den projektspezifischen Anforderungen kamen in Tegel Betriebssicherheit und Skalierbarkeit der Lösung bei großen Datenmengen hinzu.
Cloud ist der Weg der Zukunft
Vor der Ausschreibung hatte die Entwicklungsgesellschaft die Grundrisse des K8s-Systems „prototypisch“ entworfen, so Stefan Höffken, Leiter Digitalisierung bei der Tegel Projekt GmbH. Mit dem Aufbau der Infrastruktur hatte das Projektteam bereits begonnen. Früh stand jedoch fest, dass die Lösung nicht vor Ort gehostet werden sollte. Als Entwicklungsgesellschaft in der Hand des Landes Berlin ist die Tegel Projekt GmbH den für öffentliche Auftraggeber obligatorischen Forderungen nach Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit verpflichtet.
Was das konkret bedeutet, erläutert Höffken so: „Etwas Eigenes aufzubauen wäre wirtschaftlich und technisch unklug gewesen. Indem wir die Cloud nutzen, können wir skalieren und bei Bedarf den Anbieter wechseln. Kurz gesagt: Die Cloud ist der Weg der Zukunft.“ Bedenken wegen der Auslagerung von Daten habe er keine. Allerdings forderte die Ausschreibung – im Einklang mit der Datenschutzgrundverordnung – das Hosting innerhalb der EU-Grenzen.
Managed Kubernetes spart Zeit
Die Entscheidung für den passenden Anbieter wurde nach fachlichen und wirtschaftlichen Kriterien getroffen. Den Zuschlag erhielt der in Berlin ansässige Cloud- und Kubernetes-Spezialist SysEleven. Mit seinen Rechenzentren in der Landeshauptstadt und
in Frankfurt am Main erfüllt er nicht nur die DSGVO-Bestimmungen, sondern auch den Wunsch nach einer gemanagten Lösung.
Das Produkt- und Dienstleistungspaket „MetaKube“ von SysEleven umfasst neben Bereitstellung und Support der reinen Kubernetes-Installation auch den Betrieb notwendiger Ergänzungen wie Load Balancer, Backup und Recovery, Cluster-Monitoring sowie Dashboards für die Visualisierung der Daten. Die Managed-Kubernetes-Umgebung automatisiert damit einen großen Teil der mit dem Orchestrierungsbetrieb zusammenhängenden Aufwände und macht viele manuelle Tätigkeiten überflüssig. Das ist insbesondere für Anwender mit begrenzten eigenen IT-Ressourcen entscheidend. Damit waren für die Tegel Projekt GmbH alle fachlichen Kriterien erfüllt.
Atmende SLAs gaben den Ausschlag
Das Angebot von SysEleven habe sich als das beste erwiesen, betont Höffken. SysEleven habe durch „flexible Leistungserbringung“ überzeugen können. Die Service Level Agreements (SLAs) sind so formuliert, dass sich der Leistungsumfang rasch und ohne
großen Aufwand an den Bedarf anpassen lässt. Oder einfach ausgedrückt: Der Kunde zahlt nur das, was er tatsächlich verbraucht.
Die Migration auf die SysEleven-Umgebung wurde im Frühjahr 2022 realisiert. Laut Höffken befindet sich MetaKube „sehr nah“ am Standard von Kubernetes, kommt also ohne große anbieterspezifische Anpassungen aus. Das habe den Umstieg auf die Lösung deutlich erleichtert. Zudem erhöhe es deren Wiederverwendbarkeit – und mindere gleichzeitig die Gefahr, in Abhängigkeit vom Kubernetes-Partner, sprich: in den gefürchteten Vendor-Lock-in, zu geraten.
Aufgrund der kurzen Betriebszeit und noch geringen Auslastungen lasse sich noch keine endgültige Bilanz ziehen, räumt Höffken ein. „Wir sind mit der technischen Performance jedoch sehr zufrieden.“ Alle Service-Requests liefen reibungslos über Support-Tickets, und die Reaktionszeiten seien mehr als zufriedenstellend. Last, but not least stelle SysEleven stets „gute, pragmatische Lösungen“ bereit.
Kurz gesagt: Die Cloud ist der Weg der Zukunft.
Dr. Stefan Höffken, Leiter Digitalisierung bei der Tegel Projekt GmbH