Green IT – Softwareentwicklung, Rechenzentren und Energieeffizienzgesetz

Unsere digitale Welt wächst rasant. Von riesigen Rechenzentren bis zu den unzähligen Apps auf unseren Smartphones – die IT ist überall. Doch diese Technologie hat einen Preis: Energieverbrauch und CO2-Emissionen. Einige Studien zeigen, dass die IT-Branche für etwa 2-3% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich ist. Das klingt vielleicht nicht nach viel, aber es entspricht in etwa dem CO2-Fußabdruck des gesamten Flugverkehrs.

Softwareentwicklung & Energieeffizienz

In der aktuellen Geschäftswelt, in der Technologie und Software unverzichtbar geworden sind, ist Energieeffizienz nicht länger nur eine Frage des Umweltschutzes, sondern auch ein zentraler Faktor für die Betriebskosten und den Unternehmenserfolg. Software, die effizient konzipiert und entwickelt wurde, benötigt nicht nur weniger Ressourcen bei der Ausführung, sondern kann auch die Performance verbessern.

Es ist essentiell, sich dieser Entwicklung bewusst zu sein. Ein strategisches Vorgehen in Bezug auf Energieeffizienz in der Softwareentwicklung kann nicht nur die Betriebskosten reduzieren, sondern auch das Unternehmensimage stärken und zu einem Wettbewerbsvorteil führen. Ein umweltbewusstes und gleichzeitig wirtschaftlich vorteilhaftes Vorgehen in der Softwareentwicklung sollte somit ein integraler Bestandteil der Geschäftsstrategie sein.

Bei der Betrachtung von Energieeffizienz in der Softwareentwicklung ist es umso relevanter, wenn man den regulatorischen Rahmen in Betracht zieht. In Deutschland bildet das Energieeffizienzgesetz (EnEffG) einen zentralen Bestandteil der Bemühungen, den Energieverbrauch und die CO2-Emissionen zu reduzieren. 

Das Energieeffizienzgesetz und seine Auswirkungen

Das Energieeffizienzgesetz (EnEG) verpflichet Behörden, Unternehmen und Rechenzentren, ab 2024 Energiesparmaßnahmen zu ergreifen. Hier eine kurze Zusammenfassung:

Zielsetzung

Das Gesetz verfolgt das Hauptziel, die Energieeffizienz in Deutschland zu steigern und somit die Energiewende voranzutreiben und die EU-Energieeffizienzrichtlinie umzusetzen.

Verpflichtungen für Unternehmen

Große Unternehmen (definiert als solche mit mehr als 250 Mitarbeitern oder einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro) sind verpflichtet, in regelmäßigen Abständen Energieaudits durchzuführen. Diese Audits sollen Schwachstellen im Energieverbrauch identifizieren und Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung aufzeigen.

Energieberatung

Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) werden zwar nicht zu Audits gezwungen, können jedoch von staatlich geförderten Energieberatungen profitieren.

Förderung von Energieeffizienzprojekten

Es gibt verschiedene Förderprogramme, die den Unternehmen helfen, Investitionen in energieeffiziente Technologien oder Verfahren zu tätigen.

Transparenz und Berichterstattung

Unternehmen müssen über ihre Energiesparmaßnahmen berichten. Dies schafft Transparenz und ermöglicht es, den Fortschritt bei der Erreichung der nationalen Energieeffizienzziele zu überwachen.

Sanktionen

Bei Nichteinhaltung der Bestimmungen des EnEG können Bußgelder verhängt werden.

Das Energieeffizienzgesetz bildet zusammen mit anderen Regelungen und Initiativen den Rahmen für Deutschlands Bemühungen, seinen Energieverbrauch zu reduzieren und die Energiewende erfolgreich umzusetzen. Es erkennt die zentrale Rolle an, die Unternehmen bei der Erreichung dieser Ziele spielen, und stellt Werkzeuge und Anreize bereit, um sie bei diesem Prozess zu unterstützen.

Nachhaltigkeit bei Rechenzentren

Rechenzentren verbrauchen weltweit ca 1,5% des Energieverbrauchs, also eine Menge an Strom und haben somit einen erheblichen Einfluss auf die Umwelt. Eine nachhaltigere Gestaltung und Betrieb von Rechenzentren kann diesen Einfluss verringern. Hier sind einige Maßnahmen und Ansätze, wie Rechenzentren nachhaltiger werden können:

  • Energieeffiziente Hardware: Moderne Server und andere Hardwarekomponenten sind oft energieeffizienter als ältere Modelle. Ein Upgrade auf neuere Hardware kann den Energieverbrauch reduzieren.

  • Effiziente Kühlung: Eine der größten Herausforderungen für Rechenzentren ist die Kühlung. Durch den Einsatz von freier Kühlung (z. B. durch Außenluft), Flüssigkeitskühlung oder geothermischer Kühlung können Rechenzentren ihren Kühlbedarf und damit ihren Energieverbrauch deutlich reduzieren.
  • Energie-Management-Software: Durch den Einsatz von Software, die den Energieverbrauch überwacht und optimiert, können ineffiziente Prozesse identifiziert und behoben werden.
  • Virtuelle Maschinen und Containerisierung: Durch die Nutzung von Virtualisierungstechnologien können mehrere Anwendungen auf einem einzigen physischen Server laufen. Dies kann die Hardware-Anforderungen und den damit verbundenen Energieverbrauch reduzieren.
  • Grüne Energie: Der Wechsel zu erneuerbaren Energiequellen wie Solar-, Wind- oder Wasserkraft kann den CO2-Fußabdruck eines Rechenzentrums erheblich verringern.
  • Energierückgewinnung: Einige fortschrittliche Rechenzentren haben begonnen, die von den Servern erzeugte Abwärme zu nutzen, um Gebäude zu heizen oder in andere nützliche Energieformen umzuwandeln.
  • Effizientes Datenmanagement: Durch regelmäßige Überprüfung und Löschung nicht benötigter Daten können Speicheranforderungen reduziert und damit der Energieverbrauch gesenkt werden.
  • Bauweise und Standortwahl: Der Standort eines Rechenzentrums und seine Bauweise können großen Einfluss auf seine Nachhaltigkeit haben. Beispielsweise können Rechenzentren in kälteren Klimazonen weniger Energie für die Kühlung benötigen.
  • Recycling und Entsorgung: Alte Hardware sollte fachgerecht recycelt werden, um schädliche Umweltauswirkungen zu minimieren und wertvolle Ressourcen zurückzugewinnen.
  • Schulung und Sensibilisierung: Das Bewusstsein für die Bedeutung der Nachhaltigkeit bei den Mitarbeitendeneines Rechenzentrums kann dazu beitragen, dass Best Practices konsequent umgesetzt und weiterentwickelt werden.

Eine Kombination dieser Maßnahmen kann dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck von Rechenzentren zu verringern und sie zu einem integralen Bestandteil einer nachhaltigen IT-Strategie zu machen.

Nachhaltigkeit in der Softwareentwicklung

Nachhaltige Softwareentwicklung bezieht sich nicht nur auf den Code selbst, sondern auf den gesamten Lebenszyklus der Software. Es geht darum, Anwendungen zu entwickeln, die langlebig, wartbar und energieeffizient sind. Hier sind einige Ansätze, wie Softwareentwicklung nachhaltiger werden kann:

  • Energieeffizienz: Optimierter Code führt zu weniger CPU-Last und damit zu einem geringeren Energieverbrauch. Dies ist besonders wichtig für mobile Anwendungen, da ein hoher Energieverbrauch die Akkulaufzeit verkürzt.
  • Langlebigkeit und Wartbarkeit: Ein gut strukturierter und dokumentierter Code kann länger genutzt und einfacher gewartet werden. Das reduziert die Notwendigkeit, regelmäßig komplett neue Software zu entwickeln.
  • Modularität: Modulare Software kann leichter aktualisiert und erweitert werden, ohne dass das gesamte System neu entwickelt werden muss.
  • Open Source: Die Unterstützung und Nutzung von Open-Source-Software fördert die gemeinsame Nutzung und Weiterentwicklung von Code, was Ressourcen spart.
  • Reduzierung von Elektroschrott: Bei der Entwicklung von Software für Hardware-Geräte sollte darauf geachtet werden, dass die Anforderungen nicht unnötig hoch sind, damit ältere Geräte nicht vorzeitig entsorgt werden müssen.
  • Continuous Integration und Continuous Deployment: Durch regelmäßiges Testen und Bereitstellen von Software können Fehler frühzeitig erkannt und behoben werden, was zu stabilen und nachhaltigeren Anwendungen führt.

Der ökologischen Fußabdruck von Software-Anwendungen

Ein Konzept, das in diesem Zusammenhang an Relevanz gewinnt, ist die sogenannte „Software Carbon Intensity“ (SCI) – eine Metrik, die den ökologischen Fußabdruck von Softwareanwendungen misst und bewertet. Software Carbon Intensity (SCI) bezieht sich auf die Menge an Kohlendioxidemissionen, die mit der Entwicklung, Bereitstellung und Nutzung einer bestimmten Softwareanwendung verbunden sind. Anders ausgedrückt: Es misst die Umweltauswirkungen von Softwarelösungen im Hinblick auf den Energieverbrauch und die damit verbundenen Treibhausgasemissionen. Diese Metrik ermöglicht es Unternehmen und Entwickler:innen, den ökologischen Fußabdruck ihrer Softwareprodukte zu verstehen und gezielte Maßnahmen zur Reduzierung ihrer Umweltauswirkungen zu ergreifen.

SCI-Berechnung

SCI = (E * I) + M pro R

(E) - Energieverbrauch (Kilowattstunden) für verschiedene Komponenten der Software-Grenze über einen bestimmten Zeitraum. Beispiele: CPU/GPUs bei unterschiedlicher prozentualer Auslastung, Datenspeicherung, Speicherzuweisung, über ein Netzwerk übertragene Daten

(I) - Emissionsfaktoren. Dabei kann es sich zunächst um regionale Jahresdurchschnittswerte handeln, idealerweise sollten diese jedoch marginal sein und eine höhere Granularität aufweisen als diese.

(M) - Daten zu verkörperten Emissionen für Server, mobile Geräte und Laptops


Indem Unternehmen die SCI ihrer Softwareprodukte messen und verstehen, können sie gezielt Maßnahmen zur Emissionsreduktion ergreifen. Dies kann die Optimierung des Codes, die Wahl umweltfreundlicher Infrastrukturen und die Förderung energiesparender Nutzungsmuster beinhalten.

Die Green Software Foundation spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle. Sie fördert bewusste Softwareentwicklung und bietet Ressourcen, Werkzeuge und Best Practices, um die Software Carbon Intensity zu reduzieren.

Wie unterscheiden sich Programmiersprachen für die nachhaltige Softwareentwicklung?

Es gibt keine „grüne“ oder „nicht-grüne“ Programmiersprache per se. Die Nachhaltigkeit und Energieeffizienz hängen oft mehr von der Art und Weise ab, wie der Code geschrieben wird, als von der Sprache selbst. Allerdings gibt es einige Aspekte zu beachten:

  • Laufzeitumgebungen: Einige Sprachen benötigen Laufzeitumgebungen (z.B. Java und die Java Virtual Machine), die einen Overhead haben könnten. Dieser Overhead kann sich auf die Performance und damit auf den Energieverbrauch auswirken.
  • Kompilierte vs. interpretierte Sprachen: Kompilierte Sprachen (z.B. C, C++) werden in der Regel direkt in Maschinencode übersetzt und können schneller und effizienter laufen als interpretierte Sprachen (z.B. Python, Ruby). Dies bedeutet jedoch nicht, dass interpretierte Sprachen immer weniger energieeffizient sind. Es hängt stark vom Anwendungsfall und der Implementierung ab.
  • Spezifische Bibliotheken und Frameworks: Manche Sprachen bieten Bibliotheken oder Frameworks, die speziell für Energieeffizienz oder andere Nachhaltigkeitsaspekte entwickelt wurden.

Letztlich ist es wichtig, die richtige Programmiersprache und die richtigen Tools für den jeweiligen Anwendungsfall auszuwählen und den Code so zu optimieren, dass er effizient und nachhaltig ist.

Was kannst Du tun?

1. Bilde Dich weiter
Es gibt zahlreiche Ressourcen und Weiterbildungen zum Thema Green IT. Lerne die besten Praktiken kennen und setze sie in Deinen Projekten um.
2. Analysiere und optimiere
Überwache den Energieverbrauch Deiner Anwendungen und suche nach Möglichkeiten, ihn zu reduzieren. Oft sind es die kleinen Dinge, die einen großen Unterschied machen können.
3. Betrachte den gesamten Lebenszyklus
Die Energieeffizienz eines Produkts endet nicht mit seiner Entwicklung. Denke an die Herstellung, den Betrieb und schließlich das Recycling.

Nachhaltigkeit in der IT ist kein vorübergehender Trend. Es ist eine Notwendigkeit. Als Softwareentwickler:in hast Du die Möglichkeit und die Verantwortung, einen Unterschied zu machen. Nutze diese Chance und trage dazu bei, unsere digitale Welt ein bisschen grüner zu machen.

Wir freuen uns immer über einen konstruktiven Austausch und auch Neues zum Lernen. Hast Du schon erfolgreich CO2-neutrale Applikation programmiert oder kennst ein spannendes Projekt von Rechenzentren? Dann kontaktiere uns gern oder hinterlasse einen Kommentar. 

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